Die etwa 35.000 Menschen zählende Volksgruppe lebt im Südwesten Äthiopiens entlang des Flusses Omo. Die Tsaara sind größtenteils Bauern und leben in bergigem, sehr waldreichem und fruchtbaren Hochland. Sie ernähren sich von dem äthiopischen Teff-Getreide, von Mais, Sorghum, Bohnen, verschiedenen Gemüsen und dem Fleisch ihrer Schafe, Ziegen und Rinder. Sie sind hervorragende Imker und natürlich genießen sie und handeln mit dem dort überall noch wild wachsenden Kaffee.
Tsaara ist eine omotische Sprache in der Region Kaffa (woher angeblich unser Wort "Kaffee" stammen soll). Im Gebiet der Tsaara gibt es kaum Infrastruktur: keine Verkehrsanbindung, keine Krankenstationen. Das nächste Krankenhaus liegt 3 Tagereisen entfernt. In jedem der Dörfer gibt es jedoch eine Grundschule, in einigen Orten auch eine weiterführende Schule bis zur 8. Klasse. Unterrichtsmaterialien liegen allein in der semitischen Landessprache Amharisch vor, für Tsaara-Kinder eine völlig fremde Sprache.
Ashenafi, einer unserer Tsaara Workshop-Teilnehmer, arbeitet seit einigen Jahren in einer Radiostation, um täglich Programme für seine Landsleute aufzunehmen und zu senden. Er berichtete vom letzten Besuch in seinem Heimatdorf, wo einer der Ältesten zu ihm kam und unter Tränen sagte:
"Siehst du dieses Kind, meinen Enkel? So viele Jahre schon tragen wir den Wunsch im Herzen, dass wir Straßen und eine Krankenstation bekommen und dass unsere Sprache aufgeschrieben wird. Nun bin ich alt und bald werde ich sterben. Ich bitte dich eindringlich: Setze dich dafür ein, dass wenigstens dieses mein Enkelkind unsere Sprache wird lesen und schreiben lernen können."
Ashenafi selbst hatte Tränen in den Augen, als er uns diese Botschaft zu Beginn unseres Workshops im März 2018 überbrachte. Im Juni danach konnten wir seinem Volk die erste Leselernfibel überreichen.
Seit 2016 haben wir in drei Intensiv-Kursen ein Alphabet entwickelt und Texte gesammelt. Im März 2018 konnte unser Team eine Leselernfibel für Erwachsene erstellen. Sie wurde im Juni 2018 offiziellen Vertretern von Regierung und Kirche zur Prüfung vorgelegt. In einem feierlichen Symposium gaben sie grünes Licht, die vorgeschlagene Orthografie zur Alphabetisierung einzusetzen. Nach einer Testphase werden die Fibeln nun in zehn der dreizehn Tsaara-Dörfer unterrichtet.
Lesenlernen für Erwachsene
Ute Olschowy
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